"Ein Mann in T-Shirt und Jeans betritt das Podium. Er hat rote Haare und trägt eine Sonnenbrille . "Ich mache das mit der Sonnenbrille, damit ihr nicht seht, dass ich noch schlafe", sagt er. Es folgen ein paar einleitende Sätze
zum Tagesgeschehen, dann verlässt er das Podium. Mit dem Hinweis, dass er sich nun erst mal schlafen lege.
Eine relativ normale Hangover-Situation, mag man denken. Vielleicht irritiert das Podium etwas. Sobald man aber das Setting über die Szene stülpt, ist das Podium der kleinste Störfaktor. Das Setting nämlich ist ein Bundesparteitag mit 1500 politisch engagierten Menschen, 300 Pressevertretern und großem öffentlichen Interesse. Wie passt ein verkaterter Sprecher mit gefärbten Haaren hier rein? Hat er sich auf die Bühne geschlichen oder ist das alles ein organisierter Gag?
Nein,
wie so Vielem dieser Partei haftet dem Auftritt des Versammlungsleiters zwar der Geruch des Spontanen, Ungeplanten an, doch das Publikum jubelt. Das Publikum besteht, wir erinnern uns, aus 1800 Menschen, von denen der Großteil einen weiten Weg auf sich genommen hat, um politische Entscheidungen zu treffen. Es wäre wohl mehr als verständlich, wenn beim Auftritt von Jan Leutert ein Aufstöhnen durch die Menge gegangen wäre. Beschwerden über verschwendete Zeit und unprofessionelles Auftreten hätten laut werden können. Schließlich hat man sich das Wochenende frei genommen, um der nicht immer angenehmen politischen Arbeit nachzugehen, und nicht, um vom Versammlungsleiter verarscht zu werden.Doch das Gegenteil ist der Fall. Was bei der Versammlung einer konservativen Partei schwarzer Anzug und korrekt sitzende Krawatte bewirkt, nämlich Identifikation, hat der Auftritt Jan Leuterts allemal geschafft. Schließlich ist die Hälfte des Publikums auch mit mysteriösen Kopfschmerzen geschlagen. So jubelt das Publikum also Jan Leutert zu, als dieser von der Bühne geht."
"Stefan Körner schubst und schiebt ein wenig, dann steht er auf einmal direkt vor Seehofer. Körner ist bayerischer Landesvorsitzender der Piraten Partei, und er hat ein Anliegen. Körner zieht eine grau-orangefarbene Plastikkarte im Scheckkartenformat aus seinem Jackett. Es ist ein Mitgliedsausweis der Piraten, ausgestellt auf den Namen Horst Seehofer, Mitgliedsnummer 1337. Mit einem breiten Grinsen überreicht Körner Seehofer das Kärtchen. Der entgegnet brav, fast verlegen und wenig schlagfertig: „Ich bleibe trotzdem CSU-Mitglied" und schiebt noch ein „Dank Dir" hinterher. Seehofer will locker wirken auf seiner Facebook Party: „Man duzt sich doch in der Szene, oder", fragt der CSU-Chef. Körner wird immer entspannter. „Nicht unbedingt", lächelt der Pirat.
Sie treiben ihren Spaß mit Seehofer an diesem Abend im P1. Aleks Lessmann, Politischer Geschäftsführer der bayerischen Piraten, ist schon früh zum P1 gekommen. Er steht vor einer der beiden Sicherheitsschleusen, gibt Interviews und verteilt Visitenkarten. Es sei ja immerhin bewundernswert, dass die CSU eine Facebook-Party veranstalte, findet er, „eine gute Sache". Doch wenn die Partei Hilfe brauche, um wirklich im 21. Jahrhundert anzukommen, „stehen wir als Piraten bereit", lästert Lessmann. Bei den Landtagswahlen im Herbst 2013 werde seine Partei „mit Sicherheit" bei acht Prozent landen, meint er. Und die CSU werde irgendwann kapieren, dass das Internet mehr ist als nur Facebook. Jetzt will Lessmann - er trägt Piraten-T-Shirt zu grauem Anzug - Seehofer ein Papier unterschreiben lassen. Mit der Unterschrift soll der Ministerpräsident einem Volksbegehren zustimmen, das die Abschaffung der Studiengebühren in Bayern zum Ziel hat. Seehofer lehnt freundlich lächelnd ab."
"Das Netzwerk-Center ist eine bunte Mischung aus Schlafsäcken, Kabeln, leeren Getränkeflaschen und ein paar blinkenden Kisten. Von hier aus wird der Parteitag der Piraten mit Internet versorgt - für die twitternde Partei überlebenswichtig. Jeder Pirat hat im Schnitt 1,4 Netzwerk-fähige Geräte bei sich, sagt Technikchef Hartmut Semken, genannt Hase.
Semken ist außerdem Vorsitzender der Berliner Piraten und als solcher heftig umstritten, weil er sich nicht all zu deutlich gegen Rechtsextremismus abgrenzen wollte. Auf dem Parteitag sorgt er mit seinem Team im Hintergrund für den reibungslosen Ablauf. Auf Dienstleister verzichten sie, die Piraten packen selbst an. Hunderte Meter Kabel haben sie durch die Halle gelegt, auf den Tischen Strom- und Netzwerk-Anschlüsse bereitgelegt.
Fünf Piraten kümmern sich allein ums Netzwerk, noch einmal zehn um Audio- und Videotechnik. Mehrere Beamer übertragen die Veranstaltung in der Holstenhalle, noch auf dem WC wird der Parteitag live übertragen. Der Internet-Stream, über den Piraten in aller Welt zugucken können, hat schon am Sonntagmittag 56 Terabyte Daten ausgeliefert. "Wir haben hier ideale Bedingungen vorgefunden", sagt Semken, "und der Veranstalter kennt sich auch schon mit Nerds aus."
64 Mal schneller als DSL
Denn in den Holstenhallen in Neumünster findet regelmäßig eine riesige Netzwerk-Party, eine sogenannte Lan-Party, statt. Mehr als 3000 Computerspieler bauen dann ihre Rechner auf und brauchen jede Menge Bandbreite. Die Stadtwerke Neumünster haben deswegen einen Internetanschluss mit einer Kapazität von einem Gigabit pro Sekunde gelegt - 64 Mal schneller als ein DSL-Anschluss zu Hause.
Den nutzen nun die Piraten. Bei früheren Parteitagen habe man etwas tricksen müssen, sagt Semken. Sie hätten Proxy-Server zwischengeschaltet und mit einer Priorisierung der Datenpakete sichergestellt, dass der Live-Videostream des Parteitags Vorrang hatte vor den privaten Facebook-Nachrichten der Mitglieder. "Mit
"Hamburg - Die Bilder hatten stets etwas Beruhigendes. Immer wenn die Schuldenkrise eskalierte, fuhren in den vergangenen zwei Jahren die dunklen Limousinen der europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel vor. Angela Merkel, Nicolas Sarkozy und Jean-Claude Juncker schritten mit ernsten Mienen zum Krisengipfel. Ihre Treffen dauerten meist bis weit nach Mitternacht. Und am nächsten Morgen hatten Europas Mächtige zuverlässig eine beruhigende Botschaft ans Volk parat.
Immer wieder versuchten Merkel und Co. den Eindruck zu vermitteln, sie hätten alles im Griff. Griechenland kann seine Schulden immer noch nicht zurückzahlen? Dann gibt es einfach ein frisches Hilfspaket und noch härtere Sparauflagen. Andere Euro-Länder drohen in den Sog hineingezogen zu werden? Die Regierungschefs beschließen einen neuen Rettungsfonds, der die Märkte endgültig beruhigt. Verbunden mit immer neuen roten Linien, die auf keinen Fall überschritten werden sollen."
"München - Die Piraten haben ein Problem: zu viele Neumitglieder. 'Wenn es so weitergeht, werden wir in vier Wochen die 6000er-Marke überschreiten. Derzeit sind es 5658', sagte der Piraten-Landesvorsitzende Stefan Körner am Montag. Die Schwierigkeit dabei ist: Die vielen neuen Mitglieder bringen eine ebensolche Meinungsvielfalt mit sich. 'All diese Neumitglieder so aufzunehmen, dass sie so mitmachen können, wie sie sich das vorstellen, ist nicht einfach', sagte Körner. Nominell hätten die Piraten bereits die FDP überflügelt, die derzeit 5467 Mitglieder zählt. Allerdings ist nach den im Internet veröffentlichten Mitgliederzahlen nur ein knappes Drittel der Piraten stimmberechtigt - nämlich 1803. Die anderen sind nicht stimmberechtigt, weil sie keine Beiträge zahlen. 'Wir haben den Anspruch, dass jeder mitmachen kann, und jeder hat so seine Vorstellungen, in welche Richtung sich die Piraten entwickeln sollen. Das ist natürlich für die Partei nicht ganz einfach, weil nicht jede Meinung von allen geteilt wird', sagte Körner über die häufigen internen Auseinandersetzungen, die jeder im Internet nachlesen kann.dpa"
"Die Piratenpartei begründet sexistische und fremdenfeindliche Haltungen einzelner Mitglieder damit, dass jede Partei zehn Prozent Idioten habe. Ist es so einfach?
Kennen Sie den? Empört sich der Professor in der Vorlesung: „Heute will jeder Idiot Medizin studieren. Zu meiner Zeit war ich der Einzige in der ganzen Stadt."
Narrenfreiheit? Wird den zehn Prozent der Partei-Idioten gewährt (Foto: Daniel Roland/ AFP/ Getty Images) Narrenfreiheit? Wird den zehn Prozent der Partei-Idioten gewährt (Foto: Daniel Roland/ AFP/ Getty Images)
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HAHA!
Was für ein Quatsch. Der eigentliche Witz geht so: Heute will jeder Idiot in die Politik gehen. Und dieser „jeder Idiot" schafft das dank der sich in immer kleineren Zyklen etablierenden, neuen, kleinen Parteien auch. Zu Gregor Gysis Hochzeiten war es nach seiner eigenen Aussage die Linkspartei, die zehn Prozent Idioten versammelte, wie angeblich jede andere Partei auch. Heute nun beruft sich der stellvertretende Piratenpressesprecher Aleks Lessmann auf Gysi und begründet die beklagten sexistischen sowie fremdenfeindlichen Haltungen einiger Piratenparteimitglieder damit, dass es eben in jeder Partei zehn Prozent Idioten gebe. Das Beste aber: Im Untersch"