von Leonard Dobusch 2. Juni 2014
Organisationen wie die UNESCO, die OECD und zahlreiche Bildungseinrichtungen auf der ganzen Welt haben mittlerweile erkannt, welche Chancen der offene Zugang zu digitalen Bildungsmaterialien im Internet bedeutet.
Das Gespräch diente der Information von KMK und BMBF, wobei insbesondere mögliche Handlungsoptionen der öffentlichen Hand im OER-Bereich identifiziert und bewertet werden sollten.
Interessengegensatz zwischen Bildungsverlagen und OER-Befürwortern
Diskussionsstrang hinsichtlich möglicher verlegerischer Geschäftsmodelle für OER
Dirk van Damme, der Leiter des Center for Educational Research and Innovation (CERI) der OECD,
OER are teaching, learning, and research resources that reside in the public domain or have been released under an intellectual property license that permits their free use or re-purposing by others.
full courses, course materials, modules, textbooks, streaming videos, tests, software, and any other tools, materials, or techniques used to support access to knowledge
dass nämlich OER-Materialien nicht zwangsläufig kostenfrei für den Nutzer sein müssen. Entscheidend ist einzig die offene Lizensierung der Inhalte
so kann doch die erstmalige Bereitstellung von OER-Materialien an eine Geldzahlung gebunden sein. Da die Weiterverbreitung in der Praxis den Regelfall darstellt, gerät die erstmalige Bereitstellung schnell aus dem Blick, obwohl sie für die Entwicklung von Geschäftsmodellen entscheidend ist.
Ein offen lizensiertes Schulbuch, dass nach staatlicher Ausschreibung von einem Verlag hergestellt und vom Staat bezahlt wird
dass die Herstellung eines Lehrbuches für Erstsemester durch eine extra dafür eingeführte Studiengebühr finanziert wird
In diesem Beispiel würden die direkten Nutzer des Buches für dessen Herstellung zahlen, trotzdem würde es sich bei entsprechender Lizensierung eindeutig um ein OER-Lehrbuch handeln
bezahlt wird nicht mehr individuell um eine Kopie eines ansonsten proprietär geschützten Inhalts zu erhalten, sondern kollektiv um die Bereitstellung eines Werkes zu ermöglichen, das -einmal veröffentlicht- für alle frei verfügbar ist
aktuelle Situation im Schulbuchmarkt mit dem Musikmarkt verglich und dabei herausarbeitete, dass zwischen beiden Märkten ein entscheidender struktureller Unterschied besteht
Anders im Schulbuchbereich. Hier sind nicht die Endkunden Vertragspartner der Verlage, sondern der Staat. Eine offene Lizensierung müsste deshalb nicht zwangsläufig zur Reduzierung des Markvolumens führen. Anders gesagt: Solange die gleichen Umsätze fließen, könnte es den Schulbuchverlagen eigentlich egal sein, dass die hergestellten Bücher aufgrund ihrer offenen Lizenzierung mehr Leser erreichen, als es bei konventioneller Veröffentlichung der Fall wäre
Dadurch wird dann u.a. eine Kalkulation der Kosten über mehrere Ausgaben hinweg und andere Formen der Querfinanzierung unmöglich
Wird ein Schulbuch also häufig neu aufgelegt und erfolgreich verkauft, so akkumulieren sich dadurch die Gewinne für die Verlage. Das wird für offen lizensierte Inhalte so nicht mehr funktionieren
Sieht man von zusätzlichen Einnahmequellen, etwa durch Print on demand ab, so werden OER-Geschäftsmodelle für Schulbuchverlage primär diensteistungsbasiert sein
diestleistungsorientiertes Geschäftsmodell für die Verlage grundsätzlich durchaus attraktiv sein könnte, insbesondere da dadurch das unternehmerische Risiko vom Verlag auf den Staat übergehen würde
Bisher mussten Verlage nämlich den Umstand in ihren Kalkulationen berücksichtigen, dass nicht jedes Buch ein Erfolg wird. Will ein Verlag nachhaltig wirtschaften, so muss er sicherstellen, dass die Erfolge die Misserfolge übersteigen. Anders gesagt: Ein Verlag finanziert durch seine Erfolge die mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretenden (kommerziellen) Misserfolge.
Der Verlag trägt also das unternehmerische Risiko, während der Staat (bisher) aus den ihm angebotenen Büchern, für deren Herstellung die Verlage in Vorlage gegangen sind, “bequem” auswählen konnte
Der Verlag würde nämlich in jedem Fall für seine Arbeiten bezahlt, das Risiko, ob das Buch ein Erfolg wird oder nicht, läge damit beim Staat.
das Problem eher in der Frage zu liegen, wie sichergestellt werden kann, dass der Staat durch die Ausschreibung von OER-Büchern nicht in einem für ihn unangemessenen Maße unternehmerisches Risiko übernimmt, mit dessen Management er eventuell überfordert sein könnte. Das es ein solches Risiko geben wird, ist sehr wahrscheinlich, da man nicht davon ausgehen kann, dass jedes offen lizensierte Werk allein aufgrund seiner Lizensierung automatisch erfolgreich sein wird
Herstellungsprozess in verschiedene Phasen (z.B. Konzeption, Redaktion, Herstellung) aufzuspalten, die unabhängig voneinander vergeben werden können
Nach jeder Phase könnte man eine Qualitätssicherung durchführen, etwa durch Rückkopplung mit Vertretern der Zielgruppe
dass es in der augenblicklichen Lage für die etablierten Verlage tatsächlich nicht ohne Weiteres möglich ist, in die OER-Lehrbuchproduktion einzusteigen
wenn der Staat den ersten Schritt machen und die Erstellung von OER-Lehrbüchern ausschreiben würde
so wären die Verlage vermutlich gut beraten, entsprechende Ausschreibungen einzufordern und proaktiv voranzutreiben
dass sich bald neue Akteure im OER-Lehrbuchbereich etablieren werden
Wikimedia Deutschland beschäftigt sich schon seit längerer Zeit mit der Herstellung von “Offenen Schulbüchern” und wird seine Aktivitäten im Jahr 2013 intensivieren
Konkurrenz für die Verlage droht nicht nur aus dem (privaten) NGO-Bereich, sondern auch von öffentlichen Institutionen. So arbeitet z.B. die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin mit ihrem Projekt Living Textbooks. an der Entwicklung einer Produktionsplattform für OER-Lehrbücher
im Interesse der Verlage eigenständig auf die Ausschreibung von OER-Lehrbüchern zu drängen und sich dabei Gedanken darüber machen, wie das unternehmerische Risiko für den Staat auf ein akzeptables Maß gesenkt werden kann
Ein Schwerpunkt des Kongresses waren frei verfügbare Lerninhalte, Open Educational Resources (OER) genannt. Dominic Orr, der als Berater für die OECD arbeitet, konstatierte, dass diese Materialien bisher nur informell und zur Ergänzung genutzt würden und das obwohl digitale Technik mittlerweile überall präsent sei. Der Vorteil von OER sei, dass man sie nach den eigenen Lern- und Lehrbedürfnissen anpassen und weiterverteilen könne, sagte die E-Learning-Beraterin Hedwig Seipel.